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Aus der Presse > Die Brieftaube 08-07
So
machen wir es!
Erfolgreiche Züchter über ihre Sportpraxis
Interview-Reihe
von Berend Ruwen
Mit
dieser Interview-Reihe sollen die Sportfreunde über das
Jahr gesehen Einblick in die Sportpraxis erfolgreicher Brieftaubenzüchter
bekommen. Der Bogen ist weit gespannt und befasst sich mit
aktuellen Themen, passend zum Brieftaubenjahr. In diesem Beitrag
äußern sich Frank Sander, Klaus Stieneker, Berndt
Kohagen und Gommoire Verbruggen. - Hier die Antworten von
Klaus Stieneker
Vorbereitung
auf die Reise
Viele
Züchter müssen ihre Tauben wegen des Greifvogels
in der Voliere festhalten. Wann sollte man mit dem Freiflug
beginnen? Wie gehst du mit der Problematik um, um eventuelle
Muskelschäden usw. zu vermeiden?
Klaus Stieneker: Auch wir müssen in den Wintermonaten
unsere Reisetauben vor den Greifvögeln schützen.
Seit dem 20. September 2006 sind unsere Tiere nicht mehr in
der Luft gewesen. Schade eigentlich - denn es ist immer wieder
etwas Faszinierendes, die Brieftauben am Himmel fliegen zu
sehen. Ich werde Mitte März versuchen, die Tauben am
Spätnachmittag fliegen zu lassen. Nach etwa zwei Wochen
fangen die Tiere langsam an, wieder ihre Runden zu drehen.
Anschließend beginne ich mit dem privaten Training,
beginnend mit ca. 5 Kilometern. Da ich schon häufiger
Tauben hatte, die schief flogen, ist es gut, wenn die Tiere
in den ersten Freiflugtagen möglichst nicht sofort wieder
mit Tempo und Ausdauer fliegen.
Sollte
man bei einer ungünstigen Lage in der RV die Tauben selbst
trainieren oder nur mit der RV im gemeinschaftlichen Kabinenexpress?
Klaus Stieneker: Zu diesem Thema musste ich schon häufig
Rede und Antwort stehen. Ich selber glaube nicht an die "ungünstige"
Lage. Wurde mir früher des Öfteren schon vorgehalten,
ich hätte in der RV Greven die "Superlage"
(ca. 15 km in Flugrichtung hinter der RV), hatte ich damals
meine Tochter Franziska in der RV Lengerich angemeldet (ca.
4 km vor der RV). Demnach hätten wir in Lengerich keine
Erfolge haben dürfen. Die Erfolge der beiden Mädels
sind wohl allgemein bekannt. Ich will nicht ausschließen,
dass der Wind nicht den einen oder anderen Flugverlauf, vor
allen Dingen bei kurzen Flügen, beeinflussen kann. Aber
im Laufe eines Reisejahres gleicht es sich doch meistens wieder
aus. Ich trainiere sowohl die alten als auch die jungen Tauben
einige Male privat und danach kommen sie in der RV in den
Kabinenexpress.
Sollte
man versuchen, seine Witwer auf Geschwindigkeit zu trainieren,
indem man verschiedene Anreize schafft, um ihnen das "Trödeln"
und "Bummeln" nicht anzuerziehen? Wie kann man das
am besten erreichen?
Klaus Stieneker: Zu diesem Thema kann ich selber nicht
viel sagen. Ich weiß, dass es Züchter gibt, die
es auf diese Art und Weise machen. Bei uns habe ich noch nie
Wert darauf gelegt, bei den ersten Trainingsflügen zwecks
Motivation etwas Besonderes zu veranstalten, um die Tauben
schneller nach Hause zu bekommen; es fällt wohl auf,
dass mit jedem Trainingsflug (vom gleichen Startplatz) die
Tauben immer schneller nach Hause fliegen. Ich denke, dass
es bei unseren Tieren im Blut liegt, schnellstens in den Heimatschlag
zurückzukehren.
Wie
oft und wie weit trainierst du deine Witwer bis zum ersten
Preisflug?
Klaus Stieneker: Vor dem ersten Preisflug werden unsere
Reisetauben einige Male privat und dreimal mit dem RV-Fahrzeug
trainiert. In den letzten Jahren haben wir es immer so gemacht,
geschadet hat es nicht. Die Tauben kommen Woche für Woche
immer besser in Form und halten diese dann auch bis über
den Endflug hinweg.
Ist
es sinnvoll, während des privaten Trainings die Weibchen
zu zeigen?
Klaus Stieneker: Da wir vor den Preisflügen keine
Partner zeigen, führen wir donnerstags unseren wöchentlichen
Trainingsflug durch. Wir fahren immer zum gleichen Startplatz
(ca. 37 km) und lassen dabei Vögel und Weibchen immer
gemeinsam los. Bei der gemeinsamen Ankunft dauert es schon
manches Mal ein wenig länger, bis die Letzten in den
Schlag kommen, aber das halte ich nicht für schlimm.
Sie bleiben dann ca. eine Stunde zusammen. Das war es dann
für die ganze Woche in Bezug auf "Zeigen".
Werden
noch standardmäßige Kuren vorgenommen?
Klaus Stieneker: Durch den Tierarzt Fernand Marien
habe ich gelernt, dass man nicht immer die so genannten blinden
Kuren durchführen sollte. Es gibt bei uns nach der Reise
(ca. Ende September) eine Kur über ca. 10 Tage mit Ronidazol
gegen Trichomonaden. Anfang Dezember wird der gesamte Taubenbestand
gegen Paramyxo geimpft. Normalerweise gibt es dann Anfang
April (kurz vor der Reise) nochmals die Kur mit Ronidazol;
weitere Kuren werden normalerweise nicht durchgeführt.
Was
hältst du von einer Paratyphusimpfung und wann sollte
man sie durchführen? Ist man dann verpflichtet, diese
Impfung in jedem Jahr zu wiederholen?
Klaus Stieneker: Ich halte absolut nichts von dieser
blinden Kur gegen Paratyphus. Bei uns wurde in den letzten
Jahren noch niemals dagegen gekurt und das wird es auch nicht
in den nächsten Jahren geben. Meine Meinung wird sich
ändern, sobald ich Probleme mit dieser Krankheit bekommen
sollte. Von diesem Zeitpunkt an würde ich sicherlich
vorsorglich etwas unternehmen.
Wie
vermeide ich hohe Verluste der Jungtauben am Hause, wenn die
Trainingsflüge der Witwer privat, in Gemeinschaft, in
den RVen usw. beginnen? Was kann man ändern, wenn man
in solchen Überflugschneisen seinen Wohnsitz hat?
Klaus Stieneker: Dieses ist schon ein sehr großes
Problem in unserem Hobby. Wir selber haben auch immer wieder
mit vorbeiziehenden Schwärmen und kleineren Trainingsgruppen
zu tun. Vor einigen Jahren beschwerte sich ein Züchter
bei mir, dass ich als Flugleiter unserer Region dafür
zu sorgen hätte, dass nicht jeden Mittwoch die ganze
RV die Tauben bei ihm loslasse. Da dieses Problem fast jeder
Züchter in Deutschland hat, könnte man vielleicht
von "oben" - damit meine ich den Regionalverband
und eventuell den Verband - es ein wenig steuern, indem man
sagt, dass zum Beispiel am Mittwoch und Donnerstag am Vormittag
die Trainingsflüge stattfinden sollten, und man kann
dann anschließend seinen Jungtauben Freiflug geben.
Aber das ist bekanntlich auch immer witterungsabhängig.
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